Theater-Abo: „Der Grund. Eine Verschwindung“ – Abtauchen in eine Theaterwelt
Hockenheim, 23.10.2025
Eigentlich habe ich mir drei Einleitungen für diesen Bericht ausgedacht. Nun, eigentlich wollte ich nicht Goethe nachmachen (wer weiß, der weiß), aber mir bleibt keine andere Wahl.
Erstmal für alle, die nie “Kabale und Liebe” gelesen haben (ihr habt eigentlich schon was verpasst): Es handelt sich um ein bürgerliches Trauerspiel, in dem die Liebenden Luise, eine Bürgerliche, und Ferdinand, der Sohn des Präsidenten, aufgrund der Ständegesellschaft nicht zusammen sein können und gegen das System vorgehen, aber doch scheitern.
So, jetzt geht’s weiter!
“Kann ich etwas Eyeliner haben, damit meine kleinen Schweinzäugchen nicht so ausdruckslos bleiben?”, fragte Wurm Frau Millerin.
Als Abiturientin war es an diesem Punkt wirklich schon zu- oft meine Aufgabe, interessante Einleitungen, starke Hauptteile und einen erkenntnisreichen Schluss zu schreiben. Deshalb beginne ich mit diesem Zitat, um die lustige Seite des Stückes zu beleuchten und schreibe eine kreativere Einleitung als “Das Stück “Kabale und Liebe” des deutschen Dichters Friedrich Schiller…” es je sein könnte.
Es war sehr auffällig, sie war überall: die Kamera! Ein neues Medium, dieses Mal wurde sie sehr auffällig benutzt, denn ein Teil des Sets war eine Leinwand, um die Aufnahme der Kamera zu projizieren. Die Kameraaufnahmen waren ein essentieller Teil des Stückes und haben fast schon einen Hauptteil des Stückes dargestellt, denn dieses Mal wurde weniger auf der sichtbaren Bühne gespielt und öfter die Leinwand benutzt. Aber auch zu einer Kombination zwischen Schauspiel auf der Bühne und hinter der Kamera kam es. Die Kamera eröffnet hier eine vollkommen neue Perspektive auf die Bühnengestaltung.
Diese moderne Darstellungsweise wurde auch im Schlussgespräch unter den Abo-Teilnehmern als “absurd” und “abwechslungsreich” bezeichnet.
Nun fragen sich die Deutschlehrer*innen: Wann kommt den endlich die Pointe, warum dieses Zitat und die Kamera ein Beispiel für den Humor des Stückes sind?
Die Antwort lautet: Jetzt.
Durch die Kamera und das Schauspiel kam es zu einer Sitcom-esquen Situation, denn beim Lesen von “Kabale und Liebe” habe ich nicht gelacht (eher gelitten). Dieses Stück jedoch fühlte sich an manchen Stellen wie eine “Friends”-Folge an, mit Close-Ups, dem Skript und natürlich: den Kostümen! Wenn Frau Hofmarschall von Kalbs Outfits nicht absolut legendär waren, dann weiß ich auch nicht. In Ferdinands Aufzug für die letzte Szene (ich meine den gelben Rock, die lila Socken und das blaue Oberteil) würde ich aber ungern sterben (Spoiler: er ist in einem anderen Aufzug gestorben und daran, dass es im Buch so beschrieben wurde, wie es gespielt wurde, erinnere ich mich auch nicht).
Dass die Projektionsfläche wie ein Fenster oder ein Bilderrahmen aussah, verstärkte das Gefühl der Sitcom (in den Bildern sieht man es am Besten).
Die Komödie in diesem bürgerlichen Trauerspiel verkörpern meiner Meinung nach die folgenden Zitate:
“Das frühe Vögeln entspannt den Wurm.” -Frau Hofmarschall von Kalb
“Können Sie Ihre Schuhe ausziehen?” -Frau Millerin
“Da geh ich wieder lieber.” -Präsident
“Na bitte” -Frau Millerin
“Bist du okay, Luise?” -Sophie
“Nein.” – Luise
“Hast du keinen Anwalt?” -Sophie
“Nein.” -Luise
“Er liebt eine Andere.” -Lady Milford
“Ist das ein Hindernis?” -Frau Hofmarschall von Kalb
“Anscheinend.” -Sophie
“IDEEAALE habe ich keine. Und ich wünsche auch keine zu haben.” -Frau Hofmarschall von Kalb
Falls die Zitate nicht gut genug waren, um zu illustrieren, wie lustig das Stück war, dann könnt ihr gerne Frau Del Mul fragen, wie sie Strumpfbandszene fand. Wahrscheinlich lacht sie da aber mehr, als das sie erzählen kann. Würde ich aber auch, keine Frage.
Nun, kommen wir zur Zueignung- nein, tut mir leid, die Reaktionen der Abo-Teilnehmer*innen meine ich!
“Die sind doch alle wahnsinnig” steht hier auf meinem Papier. Ob das jetzt positiv oder negativ gemeint ist, kann ich nicht ablesen…
Als “schrill”, “überraschend” und “erstaunlich” wurde das Stück beschrieben. Große Überraschungen und Abweichungen vom Buch gab es in der Tat…
Das Trikolon “bunt, farbenfroh, modern” trifft es jedoch recht gut, vor allem in Bezug auf das Set und die Kostüme! Dass sich jemand Luise in einem giftgrünen Kleid mit passendem Pulli vorgestellt hat, bezweifle ich mal, Ferdinands schrille Aufzüge jedoch waren… ja, mir fehlen die Worte. Sie haben einen beinahe aus dem doch sehr tragischen Geschehen geworfen.
Der Prolog im Himmel- oh nein, ich meine das himmlische Schauspiel natürlich! Tut mir leid!
Naja, wo soll man den anfangen, von Anfang bis Ende, von links bis rechts, das Schauspiel war genial!
Durch die Kamera wurde natürlich ein neuer Blickwinkel geöffnet: man kann mit der Projektion interagieren. Aber genug über die Kamera, die Schauspielweise, darüber müssen wir reden!
Lady Milford hat genauso geglänzt wie ihre glitzernden Wimpern (die waren extrem groß, will ich mal gesagt haben) und ihre glamouröse, aber auch wahnhafte Persönlichkeit, ihre extreme Besessenheit von Ferdinand hätte niemand besser darstellen können. Ihr Zerfall und ihr Wahn waren meisterhaft dargestellt. Hut ab!
Reden wir mal über die unangenehmen Dinge aus dem Stück, beispielsweise die Szene in der Luise angeblich Ferdinand fremdgeht. Ferdinand war wahrscheinlich nicht der Einzige, dem es unwohl ging, die Szene war sehr unangenehm und fürchterlich. Besonders wichtig war in dieser Szene die Musik, da nicht geredet wurde und man dementsprechend nur das Schauspiel und die Musik wahrnahm. Frau Hofmarschall von Kalb hat in diesem Stück durchgehend geglänzt, das Publikum zum Lachen gebracht und auch ekelhafte Szenen wirklich ekelhaft rüberkommen lassen.
Der Wurm, den man im Original viel besser hassen konnte, war im Stück nicht so sehr nervtötend, aber definitiv auch nicht ein besserer Mensch als im Original. Hut ab, man konnte ihn echt nicht leiden.
Die Juwelen des Stücks waren jedoch Ferdinand und Luise, die beiden spielten ihre Hilflosigkeit und Machtlosigkeit meisterhaft und auf so eine Art und Weise, dass man Ferdinands drakonische Maßnahmen gegen Ende des Stücks (ich rede über die Limonade) nachvollziehen konnte. Die Verzweiflung und Verliebtheit der beiden erreichte das Publikum sofort.
Zum Schluss lässt sich nur noch eines fragen: Ob wohl Ferdinand und sein Vater mehr Konflikte miteinander hatten oder doch Frau Hofmarschall von Kalb und Frau Von Bock?
Bericht und Fotos: Rana Erdönmez
(Abiturientin 2024/2025)











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